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Frühjahrs-Diözesanversammlung der KLJB Würzburg

Sprachlosigkeit als Beleg für Wahrheit

Religionsphilosophin Gerl-Falkovitz deutet das Zeugnis von Georg Häfner beim Oasentag der Priester, Diakone und Priesterseminaristen

Würzburg (POW) Einen philosophischen Zugang zum Leben und Sterben des Märtyrerpriesters Pfarrer Georg Häfner (1900-1942) hat beim Oasentag der Priester, Diakone und Priesterseminaristen Professor Dr. Dr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz eröffnet. Gerade die Schlichtheit der von Häfner überlieferten Texte aus dem Konzentrationslager Dachau wertete sie als Beleg für eine besondere Glaubenstiefe des künftigen Seligen. Die Dresdener Religionsphilosophin sprach am Montag, 18. April, in der Seminarkirche Sankt Michael vor rund 250 Seelsorgern zum Thema „Was macht das Zeugnis des Zeugen aus? Gedanken zum Martyrium von Georg Häfner“.

Schon im römischen Rechtssystem habe man den so genannten „homo sacer“ gekannt: einen Menschen, der zur Unperson gemacht und somit nicht mehr vom Rechtssystem geschützt wurde, also „vogelfrei“ war. „Der Vogelfreie ist die offene, allerdings gut verhehlte Wunde im ansonsten allseitig immunen System.“ Es gebe Menschen, die in dieser Situation wüssten, dass sie nicht verworfen seien, sondern die Gewissheit hätten, dass sie für die Zukunft wichtig seien, interpretierte Gerl-Falkovitz Häfners Leiden in Dachau. Zweifelsfrei habe sich dort und in den anderen Schreckenseinrichtungen der Nationalsozialisten das staatliche Rechtssystem selbst demontiert. „Trotzdem scheint auch dort Gerechtigkeit auf.“

Die Leute hätten dort durchaus erkannt, dass die jeweilige Welt schon zu Ende sei. Im klassischen Wortsinne hätten sie somit die Erfahrung von „ekklesia“, dem Herausgerufen-Sein, kurz: von Kirche gemacht. „Mitten in der Erfahrung der Maschinerie der Vernichtung erwächst die Wurzel einer neuen Gesellschaft. Kirche ist die Gemeinschaft aller, die die totalitären Mächte schon gestürzt haben.“ Die Religionsphilosophin betonte, dass Kirche schon immer für „krisis“, also Unterscheidung, stehe und nicht auf das Jetzt beschränkt sei. „Zeugen wie Häfner bezahlen dafür mit ihrem Leben.“

Sowohl im Alten als auch im Neuen Testament würden Menschen wie Simson, Elymas oder Paulus mit Blindheit geschlagen. Gerade, wenn es um ein Geheimnis gehe, von dem man nicht sprechen könne, über das man aber auch nicht schweigen könne, brauche es besondere Zeugen. „Mit diesem aufgezwungenen ‚Nach-Innen-Sehen‘ vollzieht der Blinde eine ‚Konversion‘: Jedes Mal, wenn eine göttliche Strafe auf die Sehkraft schlägt, um das Mysterium einer Erwählung zu bedeuten, wird der Blinde zum Zeugen des Glaubens. Nicht-mehr-sehen und bezeugen werden damit eins.“ Alle Auslegung des Erlebten geschehe erst späterhin – oder auch von anderen. Der Zeuge, griechisch: martyr, selbst werde in das Erlebnis geworfen, ohne es gleich zu begreifen oder unmittelbar zu deuten.

Von daher rührt nach Gerl-Falkovitzs Worten die Armut des Ausdrucks in Häfners Briefen – eine Art Stottern oder sogar Schweigen über das Erlebte. „Zwei Züge gehören zum Charakter des Zeugen: Demut und zugleich Erfülltsein – und er kann nur beides zugleich äußern: seine Unzulänglichkeit ebenso wie seine Sättigung“, betonte Gerl-Falkovitz. Sie regte an, im Licht dieses Satzes noch einmal die betonte, nicht immer gut aufgenommene Strenge Häfners gegen sich selbst wie gegen andere zu beurteilen. Als kurze Summe ihres Vortrags gab die Referentin den Zuhörern ein Zitat von John Henry Newman mit auf den Weg: „Zeugnis zu geben und Schmähung zu ernten, als Auswurf der Menschheit behandelt zu werden und den Sieg davonzutragen: Das ist das Gesetz, das der Herr über alle Dinge mit der Verbreitung der Wahrheit verbunden hat.“